In den letzten Jahren haben sich die Behandlung von Brustkrebs und die Vorsorge in diesem Bereich erheblich weiterentwickelt und reichen mittlerweile von der Mammographie über spezielle chirurgische Verfahren bis hin zur Rekonstruktion und zu klinischen Studien. Diese Fortschritte eröffnen eine ganze Reihe von neuen Möglichkeiten, die sich ganz individuell an die Bedürfnisse von Patient:innen anpassen lassen. In diesem Blogbeitrag geht es um die verschiedenen chirurgischen Möglichkeiten, die Rolle von prophylaktischen (vorsorglichen) Operationen, die Vorteile von onkoplastischen (den Tumor entfernenden und die Brust wiederherstellenden) Eingriffen und die große Bedeutung von klinischen Studien für die Behandlung von Brustkrebs, die von führenden Fachleuten erläutert werden.
Chirurgische Möglichkeiten zur Behandlung von Brustkrebs
Eine Krebsbehandlung ist sehr individuell und bezieht die Merkmale der jeweiligen Krebsart und spezifische Faktoren der jeweiligen Patientin oder des jeweiligen Patienten mit ein. Dr. Francesca De Lorenzi, Leiterin der Einheit für Innovation, Entwicklung und Organisation der Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie am Europäischen Institut für Onkologie in Mailand:
„Jede Krebsbehandlung ist individuell auf den Patienten oder die Patientin zugeschnitten und richtet sich nach den Merkmalen der Krebsart, dem Stadium der Krankheit, den speziellen Merkmalen des/der Patient:in, Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) sowie dem Brustvolumen und der Brustform. Wo immer dies möglich ist, ist eine konservative Behandlung die erste Wahl, zusätzlich hat die onkoplastische (den Tumor entfernende und die Brust wiederherstellende) Chirurgie die Gründe, aus denen eine Brusterhaltung sinnvoll ist, erweitert. Das konservative Verfahren der Mastektomie (Brustentfernung) ist jedoch weiterhin sehr verbreitet und wird sogar bei Hochrisikopatient:innen angewendet.“
Was ist eine prophylaktische (vorbeugende) Brustoperation?
Eine prophylaktische Brustoperation, besser bekannt als „risikoreduzierende“ Operation, ist eine vorbeugende Maßnahme bei Personen, bei denen ein hohes Risiko für die Entwicklung eines Brustkrebses besteht. Dr. Alberto Rancati, medizinischer Leiter und Gründer des Centro Rancati de Cirugía Plástica in Argentinien:
„Heutzutage sprechen wir von „risikoreduzierenden“ Operationen. Zu Beginn der Brustchirurgie wurden Brustoperationen erst bei tastbaren Veränderungen durchgeführt. Der technische Fortschritt – vor allem in der Radiologie – hat dazu geführt, dass in der Folge auch anhand von Aufnahmen in Fällen operiert werden konnte, in denen noch keine Veränderungen tastbar waren. Heute ist es sogar so, dass wir bereits an Stellen operieren, an denen (noch) keine Veränderungen festzustellen sind. Warum? Weil wir durch Gentests, z. B. auf die „Brustkrebsgene“ BRCA1 und BRCA2, wissen, dass Menschen, die diese Gene in sich tragen, ein bestimmtes „Schutzgen“ fehlt und bei ihnen daher eine Wahrscheinlichkeit von 90 % besteht, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben an Brustkrebs erkranken werden. Daher wird in diesen Fällen empfohlen, vorsorglich die Brust zu entfernen, häufig begleitet von einer Entfernung der Eierstöcke (Ovarektomie). Risikoreduzierende Operationen sind also für Menschen bestimmt, die positiv auf diese Gene getestet wurden, oder deren medizinische Vorgeschichte den Schluss zulässt, dass sie sich dieser Operation unterziehen sollten.“
Was ist eine onkoplastische Operation und welches sind ihre Vorteile?
Bei einer onkoplastischen (den Tumor entfernenden und die Brust wiederherstellenden) Operation werden onkologische Techniken mit plastischer Chirurgie kombiniert, um für Brustkrebspatient:innen die besten Behandlungsergebnisse zu erzielen. Dr. Rancati:
„Wie von Dr. Maurizio Nava beschrieben, konzentrieren sich die Fachgebiete heute mehr auf einzelne Organe. Das heißt, der/die „vertikale“ Chirurg:in, der/die die Brustoperation durchführt, muss über Fachkenntnisse in den Bereichen onkologische Chirurgie, plastische Chirurgie und ästhetische Brustchirurgie verfügen. Die Kombination von onkologischen Techniken und plastischer Chirurgie ermöglicht uns, diesen Patient:innen, bei denen häufig bereits eine Asymmetrie der Brüste besteht, oder die bereits an der Brust operiert wurden, eine optimale Behandlung anbieten zu können. Daher ist es notwendig, onkologisches Wissen und Wissen über ästhetische Chirurgie zu kombinieren. Dieses Fachgebiet wird „onkoplastische Chirurgie“ genannt.
Warum und wann sollte eine klinische Studie in Erwägung gezogen werden?
Klinische Studien spielen eine sehr wichtige Rolle für den Fortschritt von medizinischen Praktiken und Behandlungen. Prof. Marco Bernini, MD PhD, Assoziierter Professor für Allgemeinchirurgie und Brustchirurg an der AOU-Policlinico di Modena in Italien, hebt die Bedeutung von klinischen Studien hervor:
„In jedem medizinischen Fachgebiet sind klinische Studien wie der Kraftstoff für ein Fahrzeug – sie ermöglichen erst das Fortkommen. Daher sollten wir als Ärzt:innen und Forschende immer eine klinische Studie in Erwägung ziehen, wenn wir Veränderungen und eine Weiterentwicklung unserer täglichen Praxis erreichen möchten. Um nur einige Beispiele zu nennen: In der Chirurgie waren es die klinischen Studien, die dazu geführt haben, dass die brusterhaltende Chirurgie überhaupt eingeführt wurde. Ein weiteres Beispiel ist eine klinische Studie, durch die es möglich wurde, in ausgewählten Fällen des Eindringens von Krebszellen in die Lymphknoten der Achselhöhle (Axillarknoteninfiltration) eine Entfernung dieser Lymphknoten (ALND) zu vermeiden. Daher sollte immer dann, wenn wir der Meinung sind, dass ein Verfahren oder unsere Ergebnisse verbessert werden sollten, eine klinische Studie die Methode der Wahl sein, um eine Idee, ein Material, eine neue Technik oder was auch immer wir für untersuchenswert und interessant für die internationale Gemeinschaft der Brustchirurgie halten, zu überprüfen.“
Fazit
Die Landschaft der Brustkrebsbehandlung verändert sich ständig, chirurgische Techniken werden weiterentwickelt und klinische Studien spielen nach wie vor eine außerordentlich wichtige Rolle. Wenn Patient:innen die verschiedenen Möglichkeiten und ihre Vorteile kennen, können sie fundierte Entscheidungen über ihren Behandlungsplan treffen. Fachliche Einblicke durch Spezialist:innen wie Dr. Francesca De Lorenzi, Dr. Alberto Rancati und Prof. Marco Bernini unterstreichen die Bedeutung der personalisierten Medizin und fortgesetzten Forschung für die Verbesserung der Ergebnisse von Brustkrebspatient:innen.
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